Digitalisierungskonzept
Mit dem Digitalisierungskonzept des VDMA-Fachverbands Fluidtechnik und seiner Mitgliedsfirmen zur Fluidtechnik 4.0
Die mit Industrie 4.0 verbundene Digitalisierung und der herstellerübergreifende Austausch von Daten und Informationen führen zu einem grundlegenden Wandel in der gesamten Wertschöpfungskette.
Hierbei stellen nicht nur die Vielzahl hydraulischer und pneumatischer Komponenten und ihre anwendungsspezifischen Kombinationsmöglichkeiten, sondern auch ihr vielseitiges Einsatzspektrum gerade die Fluidtechnik als Zulieferindustrie vor besondere Herausforderungen. So lassen sich in der Fluidtechnik beispielsweise nur wenige standardisierte Einsatzszenarien oder Einheiten mit vordefinierten Ein- und Ausgängen bilden.
Um dieser Vielfalt auch in der Digitalisierung gerecht zu werden, haben sich der VDMA Fachverband Fluidtechnik und seine Mitgliedsfirmen auf ein Digitalisierungskonzept geeinigt, das ein Höchstmaß an Flexibilität und Kompatibilität zu anderen Formaten wie OPC UA oder Automation ML bietet:
Der digitale Zwilling und das Konzept der Verwaltungsschale.
Verwaltungsschale
Die Verwaltungsschale ist der Kernbestandteil von Fluidtechnik 4.0.
Erst durch die Zuordnung einer Verwaltungsschale zu einem physischen Objekt (engl. „Asset“) wird dessen Anbindung an die digitale Welt und die I4.0-Kommunikation überhaupt möglich. Dabei ist das Spektrum an möglichen Assets denkbar vielseitig: angefangen bei Komponenten, Fluiden und Dichtungen über Subsysteme bis hin zu ganzen Maschinen und Anlagen.
Als zentrales Element beschreibt und begleitet die Verwaltungsschale (engl. „Asset Administration Shell“ AAS) das fluidtechnische Objekt über seinen gesamten Lebenszyklus und stellt damit das Bindeglied zwischen physischem Objekt und dessen digitalem Abbild dar. Der Begriff „digitaler Zwilling“ steht dabei sinnbildlich für das digitale Daten- und Informationsmodell der Produkte. In der Fluidtechnik wird der Digitale Zwilling in der Verwaltungsschale erzeugt.
Kommunikation
Die Verwaltungsschale bietet einen kontrollierten Zugriff auf sämtliche Informationen und Funktionalitäten des Objekts und wird damit zur sicheren Kommunikationsschnittstelle von Industrie 4.0.
Entsprechend der Grundidee einer vernetzten Produktion und eines vernetzten Betriebs sollen Verwaltungsschalen jederzeit verfügbar sein, so dass sie primär in der Cloud oder „on-edge“ gespeichert sind. Daten, die über den Lebenszyklus eines Assets kontinuierlich auftreten – etwa beim Einbau der Komponente, bei internen Tests während der Übergabe an Kund:innen oder im Betrieb – können so schnell und einfach ergänzt oder überschrieben werden.
Auch sogenannte passive Assets ohne interne Kommunikationsschnittstelle können über am bzw. im Gerät angebrachte Identifier mit einem Link zur Verwaltungsschale in der Cloud (z. B. 2D-Data-Matrix-Code, QR- oder RFID-Tag) adressiert und ausgelesen werden. So gibt es für jedes Objekt eine eindeutig identifizierbare Verwaltungsschale, die immer dessen aktuelles digitales Abbild enthält.
Standardisierung
Eine wichtige Voraussetzung für die Kommunikation und Auslesbarkeit der Daten sind eine einheitliche Semantik und ein einheitliches Vokabular, die in hersteller- und branchenübergreifenden Standards definiert sind.
VDMA Fluidtechnik mit seiner Vorstands-Arbeitsgruppe Digitalisierung und dem Arbeitskreis Digitalisierung agiert hier als Initiator, Organisator und Koordinator der Aktivitäten mit dem Ziel einer standardisierten Interoperabilität.
Merkmale
Informationen und Daten eines Objekts sind unter Verwendung eines standardisierten Vokabulars und einer standardisierten Semantik als Merkmale mit zugewiesenen Werten zu verstehen.
Merkmale benötigen eindeutige IRDIs (International Registration Data Identifier), welche in der Verwaltungsschale zur eindeutigen Kennzeichnung und Identifikation der Daten verwendet werden. Die Merkmale werden bei ISO und ECLASS, einem in Deutschland beheimateten mehrsprachigen Konsortialstandard, standardisiert.
Seit 2016 arbeiten bis zu 40 Expert:innen in drei ECLASS-Expert:innengruppen an der Standardisierung der fluidtechnischen Merkmale. Dabei wird der digitale ECLASS-Standard jedes Jahr erweitert. Darüber hinaus wird für die Fluidtechnik 4.0 im Sinne einer weltweiten Standardisierung und Nutzbarkeit mittelfristig eine Synchronisation mit der Normenreihe ISO 18582 „Fluid power – Specification of reference dictionary“ angestrebt.
Teilmodelle
Für spezielle Anwendungsszenarien und Use Cases sind verschiedene Sets an Merkmalen nötig. Diese werden zu sinnvollen Teilmodellen zusammengefasst (z. B. dem digitalen Typenschild), so dass Maschinen aber auch Menschen schnell Zugriff auf die Daten haben.
Die Struktur und Inhalte der Teilmodelle sind in Spezifikationen standardisiert, die durch die IDTA (Industrial Digital Twin Association) geprüft und veröffentlicht werden.